Hello Zusammen,
Unter uns gesagt ist campen vielleicht auch nicht die beste Alternative durch das Land zu reisen, denn wir vermissen schnell ein bequemes Bett und einen Raum mit 4 Wänden wo man sich nicht als Ölsardine fühlt. Ein Abenteuer sicher aber für 2 Monate….naja. Pro’s für einen Campervan: man hat alles (Küche, Koffer, Kühlschrank, Waschbecken, DVD Player, Musik) in einem Auto und das ganze in Windeseile von der fahrenden Konfiguration in die schlafende Konfiguration um gebaut. Contra’s für einen Campervan: eng, sehr hoher Spritverbrauch (je nach Wind zwischen 11 und 16 Liter pro 100km), sehr teure Zeltplätze (zwischen 22-45 AUD p.N. wenn man einen Spielplatz, Waschhäuser, Küche oder BBQ möchte), teure Miete (unsere Kiste kostet 80 CHF am Tag). Da fragen wir uns natürlich ob es nicht besser gewesen wäre mit einem normalen PKW und Airbnb durch Australien zu reisen. In grösseren Ballungsräumen sicherlich aber ab Coober Pedy no fucking Chance. Wir sind dann halt doch zu alt für so einen sch…. Statt wie die frischverliebten jeden Abend poppender Weise in den Schlaf kuscheln ist bei uns noch ein Rabauke am Start und der klaut einem jegliche Campervan-Romantik. So jetzt aber Schluss mit dem Geheule. Nach einer guten Nacht ist ja auch schnell wieder aufgekommender Frust verflogen und so machen wir uns auf den Weg ins McLaren Vale um eine geschmeidige Weinprobe beim Weingut Alpha Box & Dice zu geniessen. Unsere Wahl steht schnell fest und mit zwei Flaschen verlassen wir das Weingut. Weiter geht es durch die Adelaide Hills nach Stirling. Einem wunderschönen verschlafenen Kaff mitten im Herbst, denn hier gibt es Laubbäume und diese lassen durch die herbstlichen Farben schnell entsprechende Stimmung entstehen. Nicht weit entfernt besuchen wir den Mount Lofty. Aus 720 Meter Höhe hat man hier einen wahnsinnigen Blick hinunter aufs Meer und Adelaide. Danach wollen wir endlich mal wieder deutsche Kultur einatmen und das kann man hier in Hahndorf hervorragend machen. Von geflohenden lutheranischen Familien wurde der Ort 1839 gegründet und seitdem (ausser während der Weltkriege in Europa wo Hahndorf sogar seinen Namen gegen Ambleside eintauschen musste) versucht man mit allen Möglichkeiten dieser Tradition nachzueifern. Was heute leider fast ausschliessich Fassade ist und ziemlich kitschig daher kommt. Im ganzen Ort gibt es Kuckkucksuhren, deutsche Bratwurst, deutsches Bier und andere urdeutsche Artikel. Nur spricht hier keiner deutsch und wie wir von Madlein der einzigen Deutschen erfahren hat das hier nicht mehr viel mit den lutheranischen Familien zu tun sondern ist nur noch australisches Business. Als Höhepunkt des Tages rennt Pepe in dem Laden von Madlein während unseres Gespräches volle Lotte gegen eine Kante. Zuerst dachten wir dass es das Auge ist und wir wieder umgehend ist Krankenhaus fahren müssen aber es war Gott sei Dank „nur“ das Jochbein was auch kurze Zeit später die ersten farblichen Nuanzen eines Crashes annimmt. Abends geniessen wir unsere gekaufte Bockwurst und philosophieren noch ein wenig über den Tag. Adelaide steht am nächsten Tag auf dem Programm. Eigentlich wollten wir auf die Kangaroo Island fahren jedoch haben wir unsere Reiseambitionen gecancelt als wir die Preise für die Fähre erfahren haben. Schlanke 368 Dollar wollen die wir eine 45 minütige Hin- und Rückfahrt. So viele Sehenswürdigkeiten hat die Insel nicht zu bieten und statt mit dem Ticketoffice haben wir Kontakt mit dem Sales Manager dem wir von unserem Frust erzählen. Er entschuldigt sich auch dafür aber sein Unternehmen wird nicht staatlich subventioniert und aufgrund der wenigen Passagiere und den hohen Instandhaltungskosten sind sie dazu verdammt so hohe Ticketpreise zu verlangen. Egal Adelaide ist auch ganz nett. Eine kleine Skyline mit dazwischen liegenden historischen Häusern schmücken die Innenstadt. Eindrucksvoll ist der Central Market. Eine riesige Halle mit allem möglichen Krims Kram. Auf der Rückfahrt schauen wir noch kurz in Glenelg vorbei. Das ist ein Vorort von Adelaide direkt am Strand. Hier stehen dicke Penthäuser und fette Yachten direkt davor im Yachthafen. Der örtliche Immobilienmakler handelt dann auch eher mit Schiffen statt mit Wohnungen oder Häusern. Ab 245.000 Dollar kann man eine Yacht sein eigen nennen. Das teuereste Angebot lag bei 2.5 Millionen. Am letzten Tag in Victor Harbor hiess es wieder Seele baumeln lassen und nichts tun. Da das Wetter sehr regnerisch ist gehen wir in ein Play-Cafe. Wow, eine wirklich positive Überraschung vor allem für Pepe. Das Cafe ist vollgestopft mit Spielattraktionen und so können Vati und Mutti einen Kaffee schlürfen und Pepe hetzt von einer Geschichte zur nächsten. Was für eine Tragödie als wir aufbrechen müssen. Das gilt dann auch für alle am nächsten Tag. Ab nun steht das sagenumworbene Outback auf dem Programm. Bye bye Meer und grüne Vegetation. Unser Ziel heisst Wilpena und liegt in den Flinders Ranges. Wieder ein Ritt von 7 Stunden steht auf dem Fahrplan. Waren bis dahin Fahrten schon langweilig dann ist es nun die reinste Qual. Hinter Port Augusta wandelt sich die Vegetation immer mehr Richtung Wüste. Es gibt zwar noch Büsche und Sträucher jedoch ist der rote Staub dazwischen deutlich zu sehen. Damals bei der Bundeswehr galt ein Ort als Markenzeichen der Tristess. Ückermünde – Wald – Meer – gar nichts mehr. Von Port Augusta nach Wilpena sind es knapp 170 Kilometer. Dazwischen liegen 2 Ortschaften. Quorn 1210 Einwohner und Hawker 300 Einwohner. Dachten wir Südamerika und speziell Argentinien haben lange und eintönige Strecken dann hatten wir die Rechnung ohne Australien gemacht. Und das ist erst der Anfang. Die Strecke weiter nach Coober Pedy, Ayers Rock und Alice Springs wird noch schlimmer. Warum hat es uns eigentlich nach Wilpena verschlagen. Hier liegt der so genannte Wilpena Pound. Eine tektonische Platten Senkung mitten im Gebirge des Flinders Ranges. Es sieht ein bisschen so aus wie ein grosses breites Tal jedoch gibt es keinen Aus- bzw. Eingang sondern das Tal ist von allen vier Seiten von Bergen verschlossen. Das schauen wir uns am nächstenTag von einem Aussichtspunkt genauer an. Hm sehr schön aber auch einfach zu riesig um diese Dimension zu erfassen welche die Luftaufnahmen an der Rezeption des Campingplatzes vermitteln. Man hätte auch einen Helikopterrundflug machen können aber die Preise sind uns zu teuer. Da fahren wir lieber noch eine 100 Kilometerschleife durch das nähere Umland und bestaunen Täler, Schluchten, hunderte von Kängurus und markante Aussichtspunkte. Abends auf dem Zeltplatz geniessen wir bei einem Glas Rotwein den Sternenhimmel und bestaunen die australischen Camper. Alter Verwalter was die Kollegen am Start haben lässt einem nur vor Ehrfurcht die Kinnlade runterfallen. Man könnte denken irgendwo ist ein Krieg ausgebrochen und jetzt gilt es 3 Jahre in der Wildnis zu überleben. Pkw gibts hier nicht. Als Camper in Australien fährt man einen zünftigen 4 Wheel Drive Japaner mit einem Bullenfänger vorm Herrn. Auf dem Dach des Jeeps befindet sich unter einem Boot (die Luxusvariante) zwei Ersatzreifen, Wasser für 100 Tage, Sprit für 1000 km, Spaten, etc. Das japanische Schlachtschiff hat dann einen Wohnwagen (meistens mit Klimaanlage und Satelitenfernseh) hinter sich noch einmal doppelt so lang ist wie das Auto. Das ganze wird dann trotz nur 1-2 Übernachtungen in aller Seelenruhe in einer Stunde so auf dem Stellplatz eingerichtet als wären es die eigenen 4 Wände zu Hause. Das ganze erinnert ein wenig an die europäische 4WD-Fraktion. 90 % der Kollegen waren noch nie Offroad unterwegs aber es ist beruhigend zu wissen das man es könnte :o). Da fällt mir der Satz vom Harley Davidson Marketingchef ein: Wir verkaufen den Menschen ein Lebensgefühl….das Motorrad gibt es gratis dazu! Nach zwei Nächten geht es wieder auf eine Monsteretappe nach Coober Pedy. Schlanke 700 km stehen auf dem Programm. In Port Augusta geniessen wir letztmalig einen kurzen Blick auf Meer. Ebenso dürfen wir ein letztes Mal billig tanken. Liebe deutsche Autofahrer. An dieser Stelle möchte ich Euren Ärger zu den Benzinpreisen und das gerade an Ostern etwas dämpfen. Was hier in Australien abgeht hat nichts mehr mit Kapitalismus zu tun sondern ist pure Ausnutzung einer Notlage. Hat der Liter Sprit in Melbourne noch 1.39 gekostet so liegt er in Port Augusta schon bei 1.50. In Wilpena lag er bei 1.79. Das vorweggenommene Highlight ist eine Tankstelle am Kings Canyon. Hier möchte der Betreiber 2.47 für den Liter. Also 1.08 mehr pro Liter = knapp 65 Dollar mehr für unseren 60 Liter Tank. Ein lohnendes Geschäft was nicht viel mit dem Argument des weiten Transportes haushalten kann. Die bis zu 53.5 Meter langen Road Train (riesige lange LKW’s) können bis zu 60.000 Liter Sprit transportieren. Also da fahren bis zu 60.000 Dollar Gewinn durch die Pampa und das wird ja wohl den Transport abdecken. Aber eben in der Not frisst der Teufel fliegen oder tankt eben für utopische Preise Benzin. Hinter Port Augusta startet der knapp 3000 Kikometer lange Stuart Highway nach Darwin. Die Distanzen sind furchteinflössend auf der ersten Tafel. 535 Kilometer bis Coober Pedy, 1241 Kilometer bis Alice Springs. Dazwischen Gott verlassende Käffer (sogenanntes Roadhouse) mit 10-30 Einwohnern die die örtliche Tankstelle bzw. das dazugehörige Motel betreiben. Hier möchte man nicht Tod über dem Zaun hängen. Der Horizont endlos. Radio oder andere Kommunikation Fehlanzeige. Wir dachten eigentlich das unser MP3 Player mit über 1500 Songs üppig ausgestattet ist aber mittlerweile kennen wir alle Songs fast auswendig. Rote Erde und grüne Büsche und ab und zu Bäume. Ab hier grüssen sich die Fahrer kollegial beim vorbeifahren. Würde man das auf einer deutschen Strasse machen würde einem schnell der Arm abfallen aber auf der Fahrt winke ich ca. 34 Mal auf 700 Kilometer. Dazu kommen 3 Überholvorgänge meinerseits und 4 Mal werde ich überholt. Bloss keine Panne haben geistert uns durch die Köpfe. Auf ein Handy haben wir verzichtet, denn bei der Netzabdeckung kann man eh keinen erreichen und ist so oder so auf vorbeifahrende Autos angewiesen die dann am nächsten Nottelefon Hilfe holen können. Kann man in Deutschland das Notfalltelefon recht rasch zu Fuss erreichen sind es hier schon mal 50 Kilometer und mehr bis zum Retter in der Not. Wir wollen uns auch gar nicht vorstellen wie das ganze hier im Hochsommer ist. Auf unserer Fahrt durchs Outback haben wir Temperaturen zwischen 26-30 Grad und schwitzen trotz dessen wie die Tiere. Aber wie ist das Bitteschön bei 40 Grad und mehr. Fix und Foxy kommen wir in Coober Pedy an. Der Campingplatz passt zur Einöde der Stadt. Es ist ein Schotterplatz mit ein paar kleinen Bäumchen. Nur die zahlreichen Campervans bringen etwas Farbe ins Geschehen. Das erste was einem beim aussteigen aus dem Auto auffällt sind Fliegen in Hülle und Fülle. Von jetzt an sollen sie unsere stetigen nervenden Begleiter sein. Ständig hat man 2-8 Fliegen im Gesicht und auf dem Kopf ganz zu schweigen von anderen Kopfpartien. Nur Nachts verschwinden sie werden aber von den Mücken abgelöst was es deutlich geringeres Übel ist da wir nachts in unserem Campervan vegetieren und peinlich genau drauf achten keine ungebetenen Gäste in unsere Hütte zu lassen. Dieses Übel hat auch dazu geführt das viele Touristen mit ulkigen Moskitonetzen auf dem Kopf rumrennen. 10 Dollar pro Netz sind uns zu viel. Ab nächsten Tag starten wir zu einem Ausflug ins Umland und die Stadt. Zuerst fahren wir zu den Breakaways. Eine bizarre Sandlandschaft in der Filme wie Madmax und Red Planet gedreht wurden. Ja hier musste man nicht viel retourschieren denn die Gegend sieht wirklich aus wie auf dem Mars. Der Rundweg von den Breakaways zurück nach Coober Pedy scheint gesperrt zu sein und ausserdem hatte man uns gesagt dass diese Strecke eher was für 4WD Fahrzeuge wäre. Ein anderer Fahrer meinte jedoch dass wir ruhig weiterfahren können denn so happig ist die Strecke nicht. Am Dingo Zaun (mit diesem Zaun sollen Dingos aus Südaustralien fern gehalten werden) und einer Mondlandschaft geht es wieder zurück nach Coober Pedy. Bis auf eine heikle Situation hatten wir mit unserem Gefährt keine Probleme. Der Lonely Planet beschreibt Coober Pedy als Vorhof zu Hölle was wir ohne Bedenken unterschreiben können obwohl sich die Gegend an diesem Tag von der besten Seite zeigt. Bewölkung mit teilweise leichtem Regen (eine Seltenheit bei nur 175 mm Niederschlag pro Jahr) lassen sogar ein paar Blumen spriesen. Warum wohnen hier am Arsch der Heide in einer der unwirtlichsten Gegenden Australien 3500 Menschen aus 46 Ländern. Opale ist die Antwort. Für 250 Dollar pro Jahr kann man einen 50 x 100 Meter grossen Claim vom Staat pachten und dieses Gelände bis zu 30 Meter tief nach Opalen durchsuchen. Von diesen Claims gibt es Millionen rund um Coober Pedy und jeder versucht in diesem kleinen Rahmen sein Glück denn nur so steht Aufwand mit Nutzen halbwegs überein. Deshalb gibt es hier auch keine riesigen Abraumhalden wo Monsterbagger sich durchs Gelände graben. Rosi lebt seit 26 Jahren mit ihrem schottischen Mann hier und kommt ursprünglich aus Kiel. Ihr war das weite Meer zu viel und sie liebt die Wüste und gräbt sich seit dieser Zeit durch den Boden von Coober Pedy und hatte mal mehr und mal weniger Glück. In ihrer Mine kann man unter Tage sich ein Bild davon machen. Sie erzählt das keiner allein vom Opal suchen leben kann. Eher ist es so dass hier alle 1-3 Jobs haben um die Opalsuche zu finanzieren. Und so hält man sich mal besser und mal schlechter über Wasser. So richtig reich ist hier bis auf wenige Ausnahmen noch keiner geworden aber man sagt wenn man einmal einen Opal gefunden hat dann lässt das einem nicht mehr los. Die Schule von Coober Pedy macht einen ganz normalen Eindruck. Es gibt immerhin 300 Kinder die hier die einzelnen Klassen durchlaufen. Im Gegensatz zur klimatisierten irdischen Schule sind hier viele Gebäude unterirdisch. Bei Temperaturen von über 50 Grad im Sommer sind die Wohnhöhlen ganzjährig mit ca. 23 Grad gesegnet. Das schauen wir uns bei Faye genauer an. Hier ist eine Wohnung zu bestaunen. Alles unter Tage mit Hand und Spitzhacke aus dem Sandstein gehauen dürfen wir eine 6 Zimmer Wohnung durchlaufen bzw. klettern denn die einzelnen Zimmer sind auf verschiedenen Etagen. Es soll in Coober Pedy Wohnungen mit bis zu 23 Zimmern in dieser Form geben. Wichtig ist nur das jedes Zimmer einen Schacht nach oben hat um die Luftzirkulation zu gewährleisten. Der Guide unserer Führung verrät uns dann auch das dieses schöne Anwesen für nur 225.000 Dollar käuflich zu erwerben ist. Wir lehnen dankend ab und schauen uns noch eine Untergrund Kirche an. Vom Big Winch Lookout können wir noch einmal diesen krassen Ort von oben sehen. Nein danke – ein weiteres Mal! Das geilste an der Stadt ist John’s Pizzeria. Hier gibt es leckere Pizzen so gross wie Wagenräder zu moderaten Preisen. Das lassen wir uns nicht entgehen und hauen ordentlich rein. Auf jeden Fall muss man Coober Pedy mal gesehen haben sonst glaubt man es kaum aber hier leben das können wir uns beim bessten Willen nicht vorstellen.
Das war es mal wieder. Der nächste Bericht kommt vom Ayers Rock.
Bis dahin haltet die Ohren steif und liebe Grüsse
Steffi, Pepe und Karsten
Anbei die visuelle Untermalung des Berichts:
https://www.dropbox.com/sc/17nridcyk1v7drm/AABkLU751xkZQaZjH0qXMdkWa