Far North Whangaroa

Sali liebe Freunde in der Heimat,

nach 5 Tagen in und um Auckland ging es nun in den Norden der Nordinsel von Neuseeland. An sich ist Neuseeland mit der ungefähren Grösse Westdeutschland nicht gross im Vergleich zu Argentinien oder Brasilien jedoch gibt es bis auf wenige Ausnahmen um Auckland herum fast ausschliesslich normale Landstrassen. Höchsttempo 100 km/h obwohl alle paar Kilometer Überholspuren eingerichtet sind dauert da doch unsere knapp 300 Kilometer Fahrt über 5 Stunden. Aber die Landschaft ist herrlich und wir haben ja keinen Stress und so können wir es eh gemütlich angehen. Ausserdem muss sich ja Papa erst einmal an den Linksverkehr gewöhnen. Unser nächstes Ziel heisst Whangaroa und liegt ca. 50 Kilometer über der berühmten Bay of Island. Unser Gastgeber heisst Terry und als wir angekommen sind stockt uns fast der Atem. Hoch über dem Whangaroa-Fjord steht Terry’s Haus mit einem 360 Grad Ausblick über die Berge und die Seitenarme des Fjords. Schnell stellt sich heraus, dass Terry auch deutsch sprechen kann. Als ehemaliger Reiseführer hat er mehr als 100 Länder bereist und 5 Jahre in München gelebt. So fällt die Kommunikation natürlich noch einfacher. Bei einem Bierchen heisst er uns willkommen und zeigt uns von oben unsere Unterkunft. Eine ehemalige Garage steht ca. 1 Kilometer Luftlinie mitten im Wald. Weit und breit keine Menschenseele. Nur Wald und die Garage. Ca. 50qm gross bietet die Garage allen erdenklichen Luxus. Der Clou ist jedoch das elektrische Garagentor. Man liegt im Bettchen und kann frühmorgens mit der Fernbedienung das Tor öffnen und geniesst die Natur und ersten Sonnenstrahlen. Das kleine Häuschen hat Solarstrom und wir können mit einer Anzeige immer kontrollieren wie viel Strom welche Geräte verbrauchen und wie lange der Strom noch hält. In den 7 Tagen unseres Aufenthalts hatten wir so viel Sonne, dass Terry nie den Generator anschmeissen musste und wir ausschliesslich von Ökostrom gelebt haben. In Südamerika hätten wir uns wahrscheinlich in die Hosen gemacht vor lauter Angst im Wald allein zu übernachten aber hier in Neuseeland kann man sowas ohne Probleme geniessen. Am nächsten Tag haben wir uns auf einen Kaffee mit Terry in seinem Haus getroffen und uns einerseits über Gott und die Welt unterhalten und andererseits unsere Reisepläne für die Umgebung geschmiedet. Terry ist ein lustiger ca. 65 jähriger Kauz mit dem wir viel lachen können. Er hat es jedoch nicht einfach. Von seiner Frau verlassen ohne Kontakt zu seinen zwei Töchtern fristet er ein einsames Leben im Paradies. Dazu drücken ihn Schulden bei der Bank und deshalb muss er das Haus leider wieder verkaufen. Dann will er runter in die Garage ziehen und dort den Rest seiner Tage geniessen. Auf jeden Fall drücken wir ihm die Daumen dass alles gut geht und vielleicht trifft er ja durch seine Airbnb- Vermietungen auf die Frau seines Lebens. Zu gönnen wäre es ihm. Nach dem Käffchen sind wir zur Tauranga Bay mit seinem schönen Strand gefahren. Eins muss man neidlos anerkennen. Neuseeland hat schon hammergeile Strände. Einer schöner wie der andere. Dazu ist das Wasser für die Jahreszeit Herbst sehr angenehm um die 22-23 Grad warm. Also genau richtig zum abkühlen. Die Temperaturen sind tagsüber immer zwischen 22-26 Grad aber durch die intensive Sonneneinstrahlung fühlt es sich immer viel wärmer an. Nach der Tauranga Bay geht zur Matauri Bay. Ebenso ein wunderschöner Strand. Die Besonderheit hier ist das ganz in der Nähe das Wrack der ersten Rainbow Warrior von Greenpeace versunken liegt. Die französische Regierung hat bei einem Attentat im Hafen von Auckland die Rainbow Warrior gesprengt um das Schiff daran zu hindern gegen die Atomtests im polynesischen Mururoa Atoll weiter zu protestieren. Dieses Ereignis führte einerseits zu einem Toten und andererseits zu langjährigen Misstönen zwischen beiden Ländern. Das Wrack der Rainbow Warrior wurde dann vom Hafen in Auckland zu den Cavalli Island vor der Matauri Bay geschleppt wo es heute ein beliebtes Tauchrevier ist. Am nächsten Tag ging es zum nördlichsten Punkt (stimmt nicht ganz da die Surville Cliffs der nördlichste Punkt Neuseelands sind) Neuseelands. Knapp 150 Kilometer nördlich von Whangaroa befindet sich das Cape Reinga. An sich kein spezieller Ort. Ein kleiner schmucker Leuchtturm in einer wunderschönen Landschaft bilden die Kulisse für ein Naturschauspiel der besonderen Art. Am Cape Reinga trifft der pazifische Ozean auf die tasmanische See. Meterhohe Wellen krachen unentwegt ineinander. Die Wellen der tasmanischen See kommen von links und die Wellen des Pazifiks von rechts. Bei Sturm können die Wellen bis zu 10 Meter hoch sein und wenn sie dann aufeinander krachen gibt es Wasserexplosionen die bis zu 20 Meter hoch sein können. Ein ganz anderes Naturschauspiel liegt nicht weit von Cape Reinga. Die Sanddünen von Te Paki lassen eine Szenerie wie in der Sahara entstehen. Meterhohe Sandberge laden zum Sandboarden ein. Doch nach eins – zwei Versuchen hat man schnell die Lust verloren denn irgendwie fehlt hier der Schlepplift auf den Berg. Es ist eine wahre Tourtur sich die Dünen nach oben zu kämpfen. Man hat fast immer den Eindruck auf der Stelle zu laufen da der Sand bei jedem Schritt sofort nach gibt. Oben angekommen ist der Puls bei 180 dafür aber die Aussicht um so reizvoller. Danach sind wir zum 90 Mile Beach. Bzw. an einen Ort dieses gigantisch langen Strandes. Er ist um die 90 Kilometer lang und müsste somit eigentlich 90 Kilometer Beach heissen und erstreckt sich kurz unter Cape Reinga bis runter nach Ahipara. Blaues Meer und weisser Sand soweit das Auge reicht. Nach einem Tag Erholung am nahegelegenen Tauranga Beach sind wir dann Richtung Bay of Island aufgebrochen. Hier liegt die historische Wiege des Landes. Erst einmal muss man sich mal vorstellen, dass die moderne Zeitgeschichte Neuseelands noch keine 200 Jahre alt ist. Um so verwunderlicher ist es dann was für ein schönes Land innerhalb dieser kurzen Zeit entstanden ist. Zwar sind die Segelfreunde Tasman und Cook schon im 15. bzw. 16. Jahrhundert um die Inseln geschippert aber so richtig los ging die Entdeckung Neusseland erst zwischen 1800 und 1830. In diesen Jahren kamen die ersten britischen Siedler in den Norden Neuseeland und gründeten als erste Stadt Russell in der Bay of Island. Da die Inseln schon viele Jahrhunderte von den Maouri besiedelt wurden kam es natürlich zwischen den beiden Parteien nach anfänglicher Eintracht zu Streiteren und folgerichtig auch zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Im Vertrag von Waitangi wurden 1840 nach langen Verhandlungen die Rechte der Maori und der Pakeha (Bezeichnung der Bevölkerung in Neuseeland die nicht maourischen Ursprungs sind) fixiert. Unter anderem wurden hier auch die jeweiligen Lebensräume festgeschrieben. Dieser Vertrag wurde von beiden Seiten oftmals gebrochen und die Maouri hatten doch am meisten unter der zunehmenden Herrschaft der Pakeha zu leiden. Erst seit 1980 ist eine Versöhnungspolitik im grossem Umfang in Neuseeland angeschoben worden. So wurden den Maouri Land zurückgegeben und ebenso Entschädigungszahlungen in Millionenhöhe geleistet. Das Zusammenleben heute ist zweckorientiert und normal zu bezeichnen obwohl es auf beiden Seiten nationalistische Lager gibt. Fragt man jedoch die jüngere Generation nach ihrer Abstammung dann kommt selten die Antwort Maouri oder Pakeha sondern Neuseeländer! Vergleicht man das Zusammenleben der beiden Gruppen mit denen auf Tahiti und oder der Osterinsel dann ist Neuseeland mit seiner Politik weit voraus. Eine grosse Angst bei den Kiwi besteht jedoch in zwei anderen zunehmenden Tendenzen. Zum einen ist die meist rein sportliche Rivalität zwischen Australien und Neuseeland einer existenziellen Rivalität gewichen. Auch hier unten am anderen Ende der Welt besteht Globalisierung im grossen Stil. Australische Firmen haben immer grösseren Einfluss auf die Economie Neuseelands und das bereitet vielen grosse Sorge. So sind 90 Prozent der neuseeländischen Banken in australischem Besitz. Kluge Köpfe behaupten…kann man das Geld eines Landes beherrschen so kann man das ganze Land kontrollieren. 35 Prozent der Supermarktketten sind ebenfalls im australischen Besitz und so verwundert es einen nicht, dass 100 Prozent New Zealand own (zu 100 Prozent im neuseeländischen Besitz) ein zunehmend wichtige Werbebotschaft geworden ist. Dazu muss man jedoch sagen, dass in beiden Ländern zahlreiche Residents des jeweiligen anderen Landes leben und so allein schon ein aktiver Kulturaustausch stattfindet. Des Weiteren sind die Wurzeln beider Länder nicht wirklich weit auseinander aber trotz dessen möchte natürlich der so genannte Underdog möglichst lange seine Eigenständigkeit gegenüber dem grossen Bruder bewahren. Eine australische Kommission hat sich tatsächlich seit 2006 damit beschäftigt Neuseeland als nächstes Bundesland zu integrieren. Der zweite Trend den manche Kiwis mit Argwohn beobachten ist die steigende Zuwanderung aus asiatischen Ländern. Hier verhält es sich in etwa ähnlich wie in der Schweiz. In den Ballungsräumen wie Auckland, Wellington oder Christchurch sind Ausländer ein prägendes Bild und gerade die Asiaten sind überall zu sehen. Ob nun als Tourist oder als Resident. Auf dem Land jedoch ist es wie eh und je. Das befremdet die Kiwi etwas und das kann man auch ein Stück nachvollziehen. Aber es gehört zur Globalisierung. Möchte man als Land nicht den Anschluss verlieren braucht man Fachkräfte und die wachsen nun mal nicht auf den Bäumen. Gerade für ein bevölkerungsarmes Land wie Neuseeland ist dies eine grosse Herausforderung. Jedoch bin ich der Meinung, dass wenn es ein Land gibt das diese Herausforderung packt es Neuseeland ist. So weltoffen wie sich die Kiwi präsentieren und Errungenschaften wie das erste Frauenwahlrecht der Welt oder eines der ersten Länder das die gleichgeschlechte Beziehung anerkannte kann das Land nur erfolgreich sein. Zurück zur eigentlichen Reise. Nach einem weiteren Tag Pause am Strand sind wir abschliessend zur einem der grossen Kauriwälder gefahren. Kauribäume sind uralte (wohl bis zu 2000 Jahre alt) Baumriesen die vor der industriellen Revolution zu hauf in Neuseeland standen. Ab 1830 hat man die Bäume gnadenlos dem Fortschritt geopfert und nun sieht man sehr selten flächendeckende Wälder. Meistens ist die Landschaft durch Acker oder noch häufiger durch Wiesen zersetzt wo dann die vielen Schafe oder Rinder den ganzen Tag wiederkäuen. Wir besuchen den Waipuoa Forest und was wir da mitten im Dschungel nach kurzen Wanderungen zu Gesicht bekommen ist unbeschreiblich. Bäume so mächtig wie Hochhäuser lassen einen vor Ehrfurcht erstarren. Einer der dicksten Kameraden ist ca. 17 Meter im Umfang. Kaum zu glauben und schade, dass dies so schlecht auf den Fotos rüberkommt. Zurück von unserem Waldtrip geht es schon wieder ans Koffer packen. Am nächsten Tag soll uns die nächste Etappe unserer Reise zur Coromandel Peninsula führen. Eine Halbinsel mit einem ausserordentlichen Ruf für tolle Strände und einzigartiger Flora und Fauna. Wir werden uns überraschen lassen. Wehmütig verabschieden wir uns von unserer Waldgarage und von Terry. Schön war die Zeit. Ah ja, wer sein Haus haben möchte (ich würde es sofort nehmen von ich mit Steffi schon Rentner wäre) braucht nur 600000 CHF. Dafür bekommt man aber ein Goldschatz von Haus mit dem schönsten Blick ever.

Anbei ein Link zu den Bildern der Far North Reise:

https://www.dropbox.com/sc/avnbr5w0acs2gax/lxV0Mn67FT

Bis bald und Liebe Grüsse

Steffi,Pepe und Karsten

2 Gedanken zu „Far North Whangaroa

  1. Iris Köhler

    Hallo,

    wunderbare Bilder.Man kann ja vielleicht neidisch werden, aber nur vielleicht.
    Der Blog war natürlich aufschlußreich und sehr ausführlich. Prima.Bis auf einen Satz.
    Laßt Euch ja nicht einfallen das umzusetzen.( Wehe)
    Heimat ist Heimat-Bis zum nächsten mal. Tschau
    Oma I.

    Antworten
  2. Katja

    Kia Ora und sorry für die lange „Abstinenz“… Aber nun bin ich ja rechtzeitig wieder da 🙂 Ihr seid nun also am schönsten Ende der Welt und es freut mich natürlich seeehr, dass es Euch so gut gefällt. NZ hat super viel zu bieten und Coromandel wird Euch begeistern! Ich hoffe, es ist noch so menschenleer wie vor einigen Jahren und noch nicht touristisch überrannt.
    Herrlich auf Euren Bildern schöne Erinnerungen zu entdecken. Am meisten gefällt mir aber, dass ihr so glücklich und zufrieden seid. Und Euer kleiner Pepe scheint die Reise auch in vollen Zügen zu geniessen. Toll!! Lasst es euch weiterhin gut gehen und grüsst mir Aotearoa.
    Big kisses Katja

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